Tuesday, June 9, 2009

Zivildienst

Sören Kupke (Abi 2002) schrieb diesen Bericht über seine Stelle in New Hampshire. Wenn ihr noch den Kumpel von Marius (Abi 2009) befragen könnt, dann findet raus, wie wenig freie Tage er hatte und ob er überhaupt bezahlt wurde. Seine Zivildienststelle ist/war gleich hier um die Ecke in Rockland County.

Liebe Freunde,

wie Versprochen möchte ich euch nun, nach fast einem Monat in meiner
Zivildienststelle, einige Informationen dazu geben. Ich sage gleich im
Voraus, meine Organisation sucht jedes Jahr 6 neue Freiwillige, und ich
könnte mir gut vorstellen, dass es einigen von Euch hier ganz gut
gefallen würde, besonders aufgrund der Nähe nach Hause. Aber alles nach
der Reihe...

Ich arbeite seit dem 15. Mai als Volunteer in der Lukas Community in
Temple, New Hampshire. Die Lukas Community ist eine Organisation zur
Betreuung geistig behinderter Erwachsener. In 3 Häusern, in denen
jeweils eine Familie (alle mit zahlreichen Kindern) wohnt, leben
insgesamt 20 geistig Behinderte (oder Residents, wie wir sie nennen).
Zusätzlich helfen 6 Freiwillige, also 2 pro Haus, die meist aus
Deutschland und England kommen.

Unsere Residents sind von 26 bis über 60 Jahre alt und sind verschieden
schwer behindert: Einige brauchen fast ständige Betreuung, und andere
scheinen fast "normal", nur dass sie halt nicht ausserhalb der Community
ein selbstständiges Leben organisieren könnten.

Während man als Freiwilliger morgens und abends und zu den Mahlzeiten in
seinem zugewiesenen Haus ist, in dem man auch wohnt, finden vormittags
und nachmittags gemeinsame Aktivitäten statt, bei denen die gesamte
Community zusammenkommt oder entsprechend ihrer Fähigkeiten in Workshops
eingeteilt wird. Hierbei kann man als Volunteer natürlich auch seine
persönlichen Wünsche äußern. Als Workshops gibt es zum Beispiel
Gartenarbeit (die Community hat einige Felder und ein Gewächshaus für
den Eigenbedarf), Animal Care (Kühe & Ziegen füttern und melken),
Weavery (die Community hat eine eigene Weberei), Wood Workshop, Cooking,
House Cleaning, und auch Education Classes, z.B. Geschichte und
Geographie.

Für die Volunteers sieht der Wochenplan so aus: An 5 Tagen wird
gearbeitet, davon 3 mal von 7 bis 5, und 2 mal spät bis 9. An zwei
(zusammenhängenden) Tagen hat man frei, wobei man auch schon am Tag
davor um 5 frei hat. Allerdings liegen diese Tage nicht unbedingt am
Wochenende; man kann seine eigenen Wünsche äussern, falls es in den
Ablauf passt. Ich habe z.B. Sonntag und Montag frei.
Bis jetzt bin ich an den Wochenenden immer nach New York gefahren, auch
weil ich Nachhilfeunterricht gebe und mein Benzingeld locker wieder
herausbekomme. Die Fahrt dauert ca. 4 Stunden, ist aber im Notfall auch
in 3-einhalb zu schaffen. Benzin ist hier oben sehr billig. Die Fahrt
kostet im VW-Bus etwa 25 Dollar round trip, bei einem amerikanischen
Auto dürfte es etwas mehr sein.

Mein Tagesablauf an einem langen Tag sieht etwa so aus:

0630 aufstehen
0700 Wecken unserer 4 Residents
0730 Einem der 4 beim duschen helfen oder Frühstück machen
0800 Frühstück, danach Küche in Ordnung bringen
0900 Alle treffen sich auf dem Parkplatz und finden sich in ihren
Gruppen für den Vormittag zusammen
1200 Ende der Vormittagsworkshops, zurück in die Häuser
1230 Mittagessen
1300 Mittagspause (2 Stunden frei)
1500 Treffen zu Nachmittagsworkshops
1700 Zurück nach Hause, Abendessen machen
1800 Abendessen, danach Küche in Ordnung bringen
bis 2000: Film schauen, oder malen, basteln, irgendwas.
2000 Beim ins Bett gehen helfen, einigen beim Zähneputzen helfen
2100 Ende

Keine Angst, das sieht nach einer Menge aus, ist aber ganz relaxed.
Besonders weil für alles sehr viel Zeit eingeplant ist, deswegen geht
alles sehr langsam. Falls jemand von euch interessiert ist, kann ich euch gerne mehr
erzählen.

Ich bin sehr glücklich mit dieser Stelle, und ich kann sie allen sehr
empfehlen, die keine Probleme mit den folgenden Sachen haben:
Früh aufstehen, lange (aber nicht besonders hart) arbeiten in einer ziemlich
abgeschiedenen Lage in den Wäldern von New Hampshire (Das einzige
Nightlife ist der 24-Hour Wal Mart).

Die positiven Seiten überwiegen aber deutlich: Das lange Wochenende
(länger als bei den meisten anderen Auslandsstellen), die Nähe nach New
York (falls es euch nach der Schule weiterhin dorthin zieht), man
bekommt 2400 Dollar Taschengeld (jeden Monat 200), und man hat 4 Wochen
Ferien, und das ist meines Wissens auch viel länger als bei einem
normalen Zivildienst.

Ich hoffe, ihr fandet diese Informationen hilfreich, um euch einen
Einblick in den Zivildienst im Ausland zu geben, den ihr auf jeden Fall
machen solltet, anstatt in Deutschland. Es gibt eine Menge interessanter Stellen, meist in der dritten Welt, und ein Jahr in so einer Stelle wird sehr wertvoll für euer Leben sein.

Viel Erfolg bei der Suche, und wenn jemand Interesse an einer Stelle
hier bei mir hat, bitte melden!

Schöne Grüsse,
Sören
www.birdwatching.cc

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